Wer streut der rutscht nicht aus

Was passiert, wenn ein Land in der Euro-Zone seine Schulden nicht zurückzahlt?

Erst einmal sind die Anleger betroffen, die diesem Staat Geld geliehen haben, beispielsweise durch den Kauf einer Staatsanleihe. Diese Anleger bekommen ihr Geld nicht oder nur zum Teil zurück. Die Konsequenzen wären aber weitreichender und könnten die ganze Euro-Zone betreffen. Es wäre wohl nicht nur das Vertrauen in das einzelne Land erschüttert, sondern wahrscheinlich auch das Vertrauen in den Euro allgemein. Denkbar wäre, dass einige Anleger, zum Beispiel aus den USA oder Asien, den Euro lieber meiden und stattdessen Geldanlagen in anderen Regionen/Währungen bevorzugen.

Griechenland – ein Land in der Dauerkrise?
Im Sommer 2010 machte Griechenland durch seine finanzielle Situation nicht nur seinen eigenen Bürgern Sorgen, sondern auch den Menschen in der Euro-Zone – schließlich haben alle eine gemeinsame Währung und machen sich Gedanken über mögliche finanzielle Auswirkungen. Eine Kombination von Steuererhöhungen, Ausgabensenkungen und einem Rettungsschirm sollte Griechenland aus der Krise führen.
Im Sommer 2011 scheinen die Probleme allerdings noch größer geworden zu sein. Große Demonstrationen in Griechenland wegen des Sparkurses und deren Auswirkungen, Diskussionen über eine mögliche Staatspleite und Gedankenspiele, ob und wie auch Anleger zu beteiligen sind, verunsichern die Verbraucher – nicht nur in Griechenland. Aktuell ist es offen, ob die Hilfen für Griechenland im Endeffekt vom Steuerzahler kommen, oder ob Anleger zumindest auf Teile ihres Anlagebetrages verzichten müssen. Wem die Risiken hier zu hoch erscheinen, sollte sich überlegen, sein Geld lieber anderweitig anzulegen.

Droht im Fall einer Staatspleite auch eine Abwertung des Euro?
Auch bei Währungen gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wenn weniger Haushalte, Unternehmen und Staaten den Euro nachfragen, geht der Preis runter. Fehlendes Vertrauen führt so zur Abwertung des Euro. Dann bekommt man für einen Euro weniger Geldeinheiten der ausländischen Währung. Im Zuge der griechischen Schuldenkrise des Jahres 2010 hat der Euro beispielsweise gegenüber dem US-Dollar zeitweise über zehn Prozent seines Wertes verloren. Auf- und Abwertungen in dieser Größenordnung sind allerdings nicht ungewöhnlich und kamen in der Vergangenheit schon öfter vor. Bis zum Sommer 2011 konnte sich der Euro wieder erholen und gegenüber dem US-Dollar deutlich zulegen.

Welche Konsequenzen hätte eine Abwertung des Euro?
Für Verbraucher wird es teurer, außerhalb des Euro-Raumes Waren und Dienstleistungen einzukaufen oder dort Urlaub zu machen. Für deutsche Unternehmen wird es einerseits teurer, Waren zu importieren. Andererseits können Unternehmen Waren günstiger ins Ausland exportieren. Wer Geld in der ausländischen Währung angelegt hat, profitiert von einem Währungsgewinn – der allerdings erst realisiert wird, wenn der Rücktausch des Kapitals in Euro auch tatsächlich erfolgt.

Bekommen wir im Fall der Abwertung auch eine Inflation?
Die Frage ist schwer zu beantworten. Wir hatten zum Beispiel in den Jahren 1999 bis 2010 viele Auf- und Abwertungen des Euro im Verhältnis zum US-Dollar. Dabei lag der Währungskurs zwischen 0,82 und 1,60 Euro. In diesem Zeitraum hatten wir zu keiner Zeit hohe Inflationsraten. Welche Auswirkungen eine Staatspleite innerhalb der Euro-Zone auf die Inflation hat, können wir nicht vorhersagen.

Was ist eigentlich eine Inflation?
Inflation bedeutet einen Anstieg des Preisniveaus. Für Güter und Dienstleistungen muss also mehr bezahlt werden. Dies passiert unter anderem, wenn die zuständige Zentralbank zu viel Geld in Umlauf bringt. Wenn dann nicht gleichzeitig mehr produziert wird, steht zu viel Geld für die gleiche Warenmenge zur Verfügung. Deshalb steigen die Preise. Für einen Euro bekommt man weniger als vorher. Steigen dann die Löhne nicht im gleichen Ausmaß wie die Preise, führt dies zu einem Kaufkraftverlust. Dann kann man sich mit dem, was man verdient, in der Summe weniger leisten als vorher. Dies bedeutet dann eine Senkung des Reallohns.

Wie ist die Situation im Jahr 2011?
In den letzten Jahren und Jahrzehnten lag die Inflationsrate in Deutschland selten über vier Prozent. Damit haben wir sehr stabile Verhältnisse. Seit der Einführung des Euro ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Stabilität der Währung verantwortlich. Eines der beiden erklärten Ziele der EZB ist die Preisstabilität. Für Februar 2010 gibt die EZB die Inflation für das Euro-Währungsgebiet mit 0,9 Prozent an. Auch wenn die Inflation in Deutschland im Jahr 2011 auf über zwei Prozent gestiegen ist, sind wir von einer hohen oder gar galoppierenden Inflation (mindestens 50 Prozent pro Monat) derzeit also noch weit entfernt.

Wie wahrscheinlich ist es eine Staatspleite?
Staaten haben weitergehende Möglichkeiten als Unternehmen oder Privatpersonen, eine Pleite abzuwehren. Zum Beispiel haben sie die Möglichkeit, neue Steuern zu erheben oder vorhandene Steuern zu erhöhen – wie dies zum Beispiel in den Jahren 2010 und 2011 in Griechenland passiert ist. Trotzdem sind Staatspleiten möglich und in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen. Wer einem Staat Geld leiht, muss sich also immer fragen, ob dieser Staat den Kredit wohl auch zurückzahlen kann.

Ist eine Staatspleite der Bundesrepublik Deutschland möglich?
Theoretisch schon. Aktuell gibt es dafür aber keine Anhaltspunkte. Die Situation hierzulande ist aber mit der aktuellen Situation in vielen anderen Ländern der Euro-Zone – wie beispielsweise Griechenland – nicht zu vergleichen. International gesehen hat Deutschland einen vergleichsweise niedrigen Schuldenstand und zählt – nicht zuletzt aufgrund seiner hohen Wirtschaftsleistung – zu den sichersten Schuldnern. Auch wenn die weitere Entwicklung abgewartet werden muss, gelten Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland momentan weiter als sichere Geldanlage.

Wie kann ich mich gegen Staatspleiten schützen?
Wenn Sie davon ausgehen, dass ein bestimmter Staat Pleite geht, sollten Sie keine Geldanlagen dieses Staates besitzen. Kaufen Sie keine Staatsanleihen dieses Landes. Meiden Sie sicherheitshalber auch Aktien, Immobilien, Unternehmensanleihen und andere Wertpapiere und Beteiligungen in diesem Land. Im schlimmsten Fall erleiden Sie sonst einen Totalverlust.

Wie kann ich mich gegen eine Abwertung des Euro schützen?
Wenn Sie davon ausgehen, dass es zu einer Abwertung des Euro kommt, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder investieren Sie ausschließlich in Geldanlagen, die in Euro geführt werden, damit Sie erst gar kein Währungsrisiko haben. Oder Sie investieren in eine Währung, von der Sie annehmen, dass die gegenüber dem Euro zulegen wird. Behalten Sie Recht, machen Sie einen Währungsgewinn. Wenn Sie sich irren, machen Sie einen Währungsverlust. Bitte bedenken Sie: Solange „nur“ Ihr Geld die Euro-Zone verlässt, Sie selbst aber bleiben, kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Tag, an dem Sie das Kapital in Euro zurücktauschen werden. Deswegen haben Sie auf jeden Fall das Währungsrisiko, also die beschriebene Gefahr eines Währungsverlustes.

Wie kann ich mich gegen Inflation schützen?
Inflation bedeutet Preissteigerungen. Man kann für einen bestimmten Geldbetrag weniger kaufen. Eine hohe Inflation wirkt sich beispielsweise ungünstig auf Bargeld oder Anlageprodukte wie Tagesgeld, Festgeld, Bausparverträge, festverzinsliche Wertpapiere aus. Dieses Vermögen ist real immer weniger Wert. Besser dran sind Verbraucher, die Sachwerte besitzen oder ein Darlehen zurückzahlen müssen. Das Darlehen, dass man zurückzahlen muss, ist real immer weniger wert. Sofern die Sachwerte genauso steigen wie die Inflation, erhält man sein reales Vermögen.
Vorsicht: Niemand kann sicher sagen, auf welche (Sach-)Werte man in der nächsten Inflationskrise setzen sollte. Und wenn die Inflation dann doch nicht kommt, ist sowieso wieder alles ganz anders.

Was soll ich jetzt unternehmen?

Sie sollten ihr Vermögen auf verschiedene Anlageklassen aufteilen, um Risiken zu minimieren. Lassen Sie sich nicht verrückt machen und hören Sie nicht auf so genannte „Geheimtipps“. In Situationen wie dieser hört man immer wieder von vermeintlich „sicheren Häfen“ wie Immobilien oder Gold. Niemand weiß heute, ob ein Land innerhalb der Euro-Zone wirklich pleite geht, ob der Euro abgewertet wird oder ob eine Inflation droht. Informieren Sie sich anhand geeigneter Ratgeber und lassen Sie sich unabhängig beraten. Und vor allem: Setzen Sie nicht alles auf eine Karte, sondern streuen Sie ihre Geldanlagen.