Open Innovation: Externes Wissen erfolgreich nutzen

Auftakt zum Open Innovation Projekt der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg / Offenheit zahlt sich aus

Open Innovation: Externes Wissen erfolgreich nutzen

Villingen-Schwenningen, Mai 2012. Vorbei die Zeiten, in denen Unternehmer hinter verschlossenen Türen neue Produkte entwickelten. Heute öffnet man Innovationsprozesse – zumindest teilweise – und nutzt das Wissen anderer. Dieses neue Denken nennt sich „Open Innovation“. Es kann Forschung, Entwicklung, Konstruktion und Marketing beschleunigen, vereinfachen und kostengünstiger machen. Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg will dieses Denken fördern und bietet mittelständischen Unternehmen an, Open Innovation zusammen mit Partnern aus den Alpenländern auszuprobieren. Dazu hat sie jetzt das EU-Projekt OpenAlps gestartet.

Wenn Porsche bei Medizintechnikern neue Anregungen für Bedienungssysteme im Auto sucht. Wenn Aesculap bewusst branchenfremde Fachleute zu Ideenworkshops einlädt. Oder wenn Hansgrohe eine Marketingkampagne spontan von einer Internetcommunity entwickeln lässt … dann geschieht Open Innovation. Mit Beispielen dieser Art zeigten die zehn Referenten der OpenAlps-Auftaktveranstaltung, dass innovative Unternehmen auch mal kreative Seitensprünge in andere Branchen wagen sollten und häufiger das Wissen externer Ideengeber nutzen könnten.

Dafür warb vor allem Dr. Sabine Brunswicker vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO): „Offenheit zahlt sich aus – auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen.“ Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass man bei der Suche nach technischen und sonstigen Lösungen außerhalb des eigenen Unternehmens auf erfolgversprechende Ideen treffe.

„Führende Unternehmen wissen, dass sie nicht alles selbst können“, sagte die Open Innovation-Expertin. Sabine Brunswicker ermunterte die 70 Teilnehmer, an die positiven Erfahrungen großer Firmen anzuknüpfen. Procter & Gamble habe die Produktivität seiner Forschungs- und Entwicklungsabteilungen mittels Open Innovation um 60 Prozent gesteigert. Der deutsche Chemiekonzern Henkel habe durch offen ausgeschriebene Designwettbewerbe 3980 Entwicklungsstunden eingespart.

Gemeinsame Plattform für Alpenländer

IHK-Projektleiterin Melanie John und Bernhard Lehofer von der Innovations- und Technologietransfer Salzburg GmbH informierten über die Ziele des OpenAlps-Projekts: Zehn Partnerorganisationen aus sechs Ländern des Alpenraums wollen den Open Innovation-Gedanken in den nächsten Jahren bei mittelständischen Unternehmen verankern und ihre Kooperationsbereitschaft steigern. Dazu bauen sie Beratungs-, Service- und Schulungsangebote sowie Foren, Informationsdienste und eine Open Innovation-Plattform im Internet auf.

Bereits in Betrieb ist der Weblog (http://blog.openalps.org). Die Open Innovation-Plattform wird Ende des Jahres 2012 in Betrieb gehen. Unternehmen können darin kostenlos Ideenwettbewerbe und Entwicklungsaufgaben ausschreiben oder Partner für Entwicklungsvorhaben finden. Neben Firmen werden Wirtschaftsförderer, industrielle Netzwerke, Hochschulen und Forschungsinstitute mitwirken. Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg führt bei OpenAlps die Feder und will auch ihre eigene Bildungs-, Beratungs- und Dienstleistungskompetenz im Verlauf des Modellprojekts erweitern.

Entwicklung zum Kunden verlagert

Wie Open Innovation in der Praxis funktioniert, berichtete unter anderem Dr. Alfred Niederberger von der Synthes-Gruppe. Das Medizintechnikunternehmen hat in Salzburg eine Hightech-Werkstatt für Neuentwicklungen direkt in eine Klinik integriert. „Wir haben die Entwicklung näher zum Kunden verlagert“, so Dr. Niederberger. Die Chirurgen können jederzeit vorbeischauen und ihre Probleme oder Ideen mit Medizintechnikern diskutieren. Die Werkstatt fertigt umgehend Prototypen an, die vor Ort begutachtet werden. Auf diese Weise kann Synthes die Entwicklungszeiten für innovative Implantate erheblich verkürzen.

Auch die Tuttlinger Aesculap AG setzt auf intensive Kommunikation und Interaktion mit Ärzten, um aus der klinischen Praxis frühzeitig Anregungen für die Produktinnovation zu gewinnen. Darüber informierte Dr. Dirk Friedrich. Mit Internetangeboten will Aesculap den Erfahrungsaustausch fördern und Bedürfnisse und kommende Trends ermitteln. Ideenworkshops besetzt Aesculap zum Teil mit branchenfremden Teilnehmern bzw. Querdenkern. Die bisherigen Gehversuche mit offenen Innovationsprozessen lieferten zwar wichtige Hinweise. So Dr. Friedrich. Echte Innovationen seien aber kaum daraus hervorgegangen.

Kollektive Ideenfindung via Internet

Sandra Woerner von der Hansgrohe AG Switzerland berichtete, wie sie mit Hilfe kollektiver Ideenfindung innerhalb weniger Wochen eine Marketingkampagne aus dem Boden gestampft hatte. Sie hatte in der Internetcommunity Jovoto einen Gestaltungs- und Ideenwettbewerb ausgeschrieben. „Wir erhielten völlig neue Denkanstöße“, freute sich Sandra Woerner. Allerdings biete dieses Verfahren keine Garantie für perfekte, fertige Lösungen. Eine straffe Planung und Kontrolle sei unabdingbar.

Vor einem Flop bewahrt

Open Innovation-Methoden können ein Unternehmen auch vor einem Flop bewahren. Darauf wies Oliver Wiesener von der Schreiner Group aus München hin. Sein Unternehmen hatte Kunden, Forschern und Experten ein Verfahren vorgestellt, das Lichtquellen auf Folien drucken kann. Die interdisziplinären Zirkel sollten Anwendungsmöglichkeiten für diese Innovation suchen. „Das Ergebnis war negativ. Wir haben herausgefunden, dass es keinen Markt dafür gibt“, so Oliver Wiesener.

Die eigenen Kernkompetenzen schützen

Open Innovation setzt präzise Strategien und professionelles Management voraus. So Dr. Sabine Brunswicker. Wer die Methoden für offene Innovationsprozesse anwenden wolle, sollte die Aufgabenstellungen für externe Partner exakt definieren. Für eine Fülle von Entwicklungsaufgaben finde man spezielle Technologiemarktplätze, Netzwerke, industrienahe Forschungsinstitute, Technologietransferstellen, freiberufliche Ingenieure und kreative Anwender. Allerdings solle man eher die Randthemen einer Neuentwicklung außer Haus geben. Kernkompetenzen müsse man schützen.

Weitere Auskünfte: Melanie John, Projektleitung OpenAlps, IHk Schwarzwald-Baar-Heuberg, john@villingen-schwenningen.ihk.de, +49 7721 922206, http://blog.openalps.org

IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
Die Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg in Villingen-Schwenningen ist das Netzwerk und Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft der drei Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis. In dieser Region zählt sie 30.000 Mitgliedsunternehmen in den Wirtschaftssektoren Industrie, Handel, Kreditgewerbe, Dienstleistungen, Verkehr und Logistik, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe. Neben ihren gesetzlichen und hoheitlichen Aufgaben und den klassischen Beratungs-, Bildungs-, Informations- und Dienstleistungsangeboten engagiert sich die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg intensiv in den Bereichen Standortentwicklung, Innovation und Nachwuchsförderung. In diesem Zusammenhang hat sie 2005 die High-Tech-Initiative MicroMountains Network und 2010 für die medizintechnische Industrie im Raum Tuttlingen-Tübingen die Clusterorganisation MedicalMountains initiiert. Die IHK beschäftigt 67 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Tuttlinger Unternehmer Dieter Teufel ist seit 1998 Präsident der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Seit 2004 ist Thomas Albiez Hauptgeschäftsführer.

Kontakt:
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg c/o Open Alps Projekt
Melanie John
Romäusring 4
78050 Villingen-Schwenningen
john@villingen-schwenningen.ihk.de
+49 7721 922206
http://blog.openalps.org