Günther Oettiger: Feingeist, Kosmopolit und Europäer

Wer erinnert sich nicht an den ehemaligen Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten und jetzigen EU-Energiekommissar Günther Oettinger?

Unvergessen hallt seine Laudatio auf den bis zuletzt linientreuen Nazi-Richter Hans Karl Filbinger nach, der von 1966 bis 1978 das Amt des Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten inne hatte. Oettinger lobte die Verdienste Filbingers bei seiner offiziellen Trauerrede mit folgenden Worten:
„Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. […] Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte.“ Oettinger wurde für seine Rede von verschiedenen Seiten öffentlich kritisiert.
Nachweislich hatte Filbinger als Marinestabsrichter gegen den Deserteur Walter Gröger ein Todesurteil beantragt. In Folge des Urteils wurde Gröger am 16. März 1945 erschossen. Unvergessen bleibt auch die Reaktion Oettingers auf die breite öffentliche Kritik: „Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint, und die bleibt so stehen.“ Von Reue oder gar Sachverstand war bei Oettinger, wie so oft, keine Spur zu erkennen.
Oettingers diffuses Geschichtsverständnis offenbarte sich auch in einer, gelinde gesagt bemerkenswerten Rede, während einer Veranstaltung der Landsmannschaft Ulmia Tübingen am 29. Januar 2007. Dort äußerte sich Oettinger über die Wettbewerbssituation in Deutschland in folgenden Worten: „In einer Wohlstandsgesellschaft gibt es weniger Dynamik als in den Aufbaujahren nach dem Krieg. Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr. Früher, bei der Rente oder der Staatsverschuldung haben Kriege Veränderungen gebracht. Heute, ohne Notsituation, muss man das aus eigener Kraft schaffen.“
Nun, lange Rede kurzer Sinn: Der „Kosmopolit“ und „Feingeist“, Günther Oettinger, ist heuer EU-Energiekommissar und hat sich in seinem Hang zu polemischen Aussagen, sozusagen
resscourübergreifend, zur aktuellen finanzpolitischen Situation geäußert.
Oettinger zufolge sollen künftig EU-Beamte in Griechenland den Staatsbesitz privatisieren und die Steuern eintreiben. „Es wäre am besten, wenn qualifizierte Beamte aus den übrigen EU-Staaten zur Beratung und Durchführung der Verwaltung für einen längeren Zeitraum in Griechenland tätig würden“, zitierte die „Bild“-Zeitung Oettinger in einem Vorabbericht. „Sie könnten ohne Rücksicht auf Widerstände agieren und den Schlendrian beenden. Wer Solidarität einfordere, müsse auch bereit sein, einen Teil der Verantwortung auf Zeit abzugeben, so Oettinger.
Darüber hinaus schlug Oettinger vor, dass Schuldensünder ihre Haushaltshoheit auf Zeit an die EU abgeben sollten. „Das wäre eine echte Zumutung für jede Regierung und würde übermäßige Schuldenmacher ausbremsen. Zudem sei auch denkbar, die Flaggen von Schuldensündern vor EU-Gebäuden auf Halbmast zu setzen.“

Quelle: Reuters

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